MEINE NEU ENTDECKTE FLIEGENLIEBE

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Die älteste und ursprünglichste Form der Fliegenfischerei ist in der heutigen Praxis kaum mehr existent, mindestens bei uns im Alpenraum nicht. Ich denke zu Unrecht, denn die spärlich gebundenen Fliegen haben eine unglaubliche Wirkung auf Forellen.

Text und Bilder: Pascal Bader

Geh mal in einen Fliegenshop und frag nach Nassfliegen – du wirst entweder eine negative Antwort bekommen oder aber auf eine kleine Auswahl am Rand der Auslage verwiesen, wo einige der genannten Fliegen vor sich hin darben. Trockenfliegen und Nymphen sind in aller Munde, wenn über die besten Fliegen für den Angeltag diskutiert wird. Manchmal kommt auch noch der Streamer oder der Fliegen-Jig ins Gespräch.

Auch mir ging es über Jahrzehnte so, meistens bin ich mit der Nymphe am Wasser und gelegentlich kommt die Trockene zum Einsatz. Doch in einer meiner Fliegenboxen stecken seit einigen Jahren ein paar Nassfliegenmuster, welche ich während einer meiner Irlandreisen für die Seefischerei auf Browntrout gekauft hatte. Zuhause am Bach wäre  es mir aber nie in den Sinn gekommen diese zu fischen. Es geschah vor einigen Jahren an einem warmen Sommertag, an dem der Wasserstand in meinem Bach auf dem Tiefststand war. Mit der Nymphe bei den Verhältnissen die scheuen Forellen anzuwerfen ist fast aussichtslos, denn sie stromaufwärts zu überwerfen ist in dieser Situation «verboten». Auch die Trockenfliege war an diesem Tag nicht gut angekommen, das Vorfach war zwar hauchdünn, doch auch dies konnte die Forellen nicht täuschen. Es bleiben dann nur noch zwei Möglichkeiten – 1. nach Hause gehen oder… 2. stromabwärts fischen. Dafür gab es eigentlich nur eine praktikable Lösung – die Nassfliege.

Meine neuen Lieblinge - die weichen Hecheln sind wohl der Schlüssel zum Erfolg. Sie spielen verführerisch in der Strömung.

Meine neuen Lieblinge – die weichen Hecheln sind wohl der Schlüssel zum Erfolg. Sie spielen verführerisch in der Strömung.

Wo sind sie bloss?

Ich grub also in der hintersten Ecke einer meiner wenig benutzten Fliegenboxen, die glücklicherweise noch in einer lange nicht geöffneten Tasche meiner Weste steckte, bis ich meine sehr überschaubare Kollektion von Nassfliegen wieder fand. Als erstes prüfte ich mal, ob die Haken nicht angerostet waren – ihr wisst schon was ich meine… Nun, das war mindestens nicht der Fall und ich knöpfte ein helles Muster in Grösse 16 ans Vorfach.

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Die 16er «Partridge and Peacock» hat die Bachforelle provoziert.

Nun drehte ich mich um und fischte mit kurzer Schnur flussabwärts. Hinter jedem Stein, über jeder Rinne und sogar in Wasserwirbeln platziere ich die Nassfliege. Und siehe da, immer wieder spritzt es und eine Forelle stürzt sich auf die Fliege.

Gerade im Sommer und im Herbst, wenn das Wasser klar und manchmal auch niedrig ist, machst Du mit der Nassfliege nichts falsch. Am Bergbach oder am mittelgrossen Voralpenfluss funktioniert die Technik ausgezeichnet.

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Eine tolle Forelle hat die Nassfliege direkt am Ufer genommen.

Bisse aus dem Nichts

Im Gegensatz zur Nymphe fische ich die Nassfliege an jeder beliebigen Stelle im Fluss. Sofern ein potenzieller Forellenstandplatz in der Nähe ist, lohnt sich ein Wurf. Ich bekomme Bisse an Stellen, an denen ich vorher nie eine Nymphe hingeworfen hätte, weil sie zu flach sind oder kaum Strömung aufweisen. Die unbeschwerte Nassfliege furcht manchmal im Oberflächenfilm taucht aber gelegentlich auch einige Zentimeter ein und lässt so das Vorfach unsichtbar werden. Ist die Strömung nur schwach, so beschleunige ich die Nassfliege, ist die Strömung stark, so lasse ich sie mit halber Strömungsgeschwindigkeit quer über die heissen Stellen driften.

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Perfektes Wasser für die Nassfliege. Alle «verdächtigen» Stellen können abgefischt werden.

An allen möglichen Orten kann der Biss kommen, manche Forellen steigen von tief am Grund auf und attackieren den kleinen Happen, andere schlagen von der Seite zu. Was aber auffällt, ist die Aggressivität, mit der die Fliege genommen wird. Die Reize, welche von der Nassfliege ausgehen, sind unglaublich attraktiv für Forellen.

Was sie wohl denken?

Ähnlich wie beim Fischen auf atlantische Lachse, wo die Diskussion darüber, was den die Lachsfliege für den Lachs darstellt, immer wieder ausbricht, könnte man auch bei der Nassfliege anfangen zu diskutieren. Gibt es natürlich vorkommende Insekten, die in der Art, wie eine Nassfliege gegen die Strömung antritt, als Vorbild dienen können? Ich muss gestehen, ich denke eher nein. Das müssten ja unglaubliche Schwimmer sein.

Es ist also anzunehmen, dass die Fische in der Nassfliege eher ein Brutfischchen sehen, und falls dies auszuschliessen ist, dann eben einfach nur auf den Reiz der kleinen «Buggers» hereinfallen.

Kinderleicht

Die sogenannte «Königsdisziplin» Fliegenfischen wird meines Erachtens oft überbewertet. Es ist keine «Kunst» mit der Fliege zu fischen, sondern einfach eine «besondere Technik». Gerade die Nassfliegenfischerei  ist nun wirklich keine Hexerei und jeder der eine Rute in der Hand halten kann, ist imstande so zu fischen. Es sind weder Wurfkünste noch viel Erfahrung von Nöten. Wer fünf Meter Fliegenschnur im Griff hat wird seine Fische fangen. Darum ist die Nassfliegenfischerei auch bestens geeignet für die Tenkara-Rute. Diese archaische Form der Fischerei ohne Rolle und mit fester Schnurlänge ist wie gemacht für die Nassfliege. Selbstverständlich geht eine konventionelle Fliegenrute auch bestens.







 

 

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