Sonnenschein, Mojitos, Oldtimer vor historischer Kulisse, traumhafte Strände, türkisblaues Meer und dazu noch Fliegenfischen auf extrem kampfstarke Fische. Hört sich zu gut an um wahr zu sein? Das dachten meine Freundin und ich auch, als mein Kollege uns zum ersten Mal von seinen Reisen nach Kuba erzählte.
Text und Fotos: Andreas Gutbrod
Klar, dass es nicht lange dauerte, bis auch wir Feuer und Flamme waren. Die Kombination von karibischer Natur, Traumstränden und der Chance, Bonefish, Tarpon und sogar Permit auf Sicht im klaren, flachen Wasser zu fangen, überzeugte uns sofort. Allerdings erfordert diese Art des Fliegenfischens auch schnelle, präzise und zum Teil weite Würfe. Also war zuerst etwas graue Theorie über Doppelzug und Co. angesagt, gefolgt von Wurfübungen auf der Wiese unter grauem Zürcher Himmel. Durch die Hilfe von Alpenfischer-Redaktor Nino lief diese Vorbereitung jedoch wie am Schnürchen. Besten Dank an dieser Stelle nochmals!
Auch in Sachen Ausrüstung war Aufrüsten angesagt, um gegen die kubanischen Fische und die tropische Hitze gewappnet zu sein. Schlussendlich landeten also zwei 8#, zwei 10# und zur Sicherheit noch zwei 12# Ruten und Rollen mit spezieller Salzwasserfliegenschnur im Gepäck samt passendem Vorfachmaterial mit mindestens 12 lbs Tragkraft.
Anpassung ans Klima
Auf Kuba angekommen hatten wir zuerst eine gute Woche Akklimatisierung eingeplant und so erkundeten wir Havanna, Vinales und Trinidad. Dort bestaunten wir dutzende amerikanische Oldtimer, koloniale Bauten, sozialistischen Verfall und zahllose Konterfeis von Fidel Castro und Che Guevara. Nachdem wir die kubanische Musik, Rum, Zigarren, Land und Leute in vollen Zügen genossen hatten, ging die Reise weiter per Inlandsflug nach Cayo Largo, einer kleinen Insel südlich von der kubanischen Hauptinsel, zum Fischen und Relaxen im All Inklusive Hotel. Auf dem örtlichen Flughafen wurden wir bereits von unseren Gastgebern erwartet und freundlich empfangen. Man merkte sofort, dass die Jungs ihr Handwerk verstehen und die Begeisterung fürs Fliegenfischen leben. Nachdem sie den Check-in im Hotel beschleunigt hatten, verabredeten wir uns für den Nachmittag in der Lodge am Hafen zur Vorbereitung der bevorstehenden Angeltage. Die Hotelanlagen auf der Insel sind zwar für kubanische Verhältnisse das Beste, was man bekommen kann, allerdings trotz stattlicher Preise keinesfalls mit europäischen Standards zu vergleichen. Man muss sich also z. B. auf ausbleibendes warmes Wasser in der Dusche oder stark eingeschränkte kulinarische Auswahl und Qualität in den Restaurants des Hotels einstellen. Dass das US-amerikanische Embargo noch Wirkung zeigt, wurde hier deutlich. Eines sei aber schon vorweggenommen: Die Landschaft und das Fischen machte diese Einschränkungen wieder mehr als wett!
Vorbereitung ist alles
Als wir dann am Nachmittag nach 5-minütigem Transfer vom Hotel zusammen mit 5 weiteren Fischern in der Lodge angekommen waren, standen alle Guides schon parat und stellten sich vor. Ein Set Permit-Fliegen, die die lokalen Shrimps perfekt imitieren, lag als Willkommensgeschenk in verschiedenen Grössen auch schon für jeden bereit. Diese Fliege ist seit Jahren auf Kuba erfolgreich; nicht nur auf Permit, sondern auf fast alle örtlichen Fischarten, vor allem Bonefish. Daher war es kein Wunder, dass, nachdem die leichteren Ruten montiert waren, fast ausschliesslich diese Fliegen angeknüpft wurden. Die stärkeren Ruten wurden für Tarpon oder Barrakuda mit EP-Steamern oder Poppern ausgerüstet und alle anschliessend auf den Skiffs verstaut. Diese Boote sind speziell für das Fischen und Manövrieren im flachen Wasser (Flats) ausgelegt. Ein leistungsstarker Motor sorgt für den nötigen Vorschub, um schnell vom Hafen zur Angelstelle zu gelangen. Anschliessend stösst der Guide, auf einer erhöhten Plattform im Heck stehend, das Boot lautlos mit einer langen Stange (Pole) über die flachen Meeresbereiche und hält Ausschau nach Fischen. Da die gesamte Umgebung der Insel und der kleineren Nachbarinseln von lediglich 6 solcher Boote mit je maximal 2 Anglern und einem Guide befischt wird, ist der Angeldruck niedrig. Zusätzlich ist der gesamte Bereich in 6 Sektoren aufgeteilt und nur 2 davon werden pro Tag befischt, so dass die Fische maximal an 2 Tagen in der Woche die Chance haben, einen Köder zu Gesicht zu bekommen.
Nachdem wir den weiteren Informationen bezüglich der Besonderheiten vor Ort gelauscht hatten, kehrten wir voll Vorfreude auf die nächsten Tage zum Hotel zurück und tauschten dort an der Bar mit den neu gewonnen Angelkollegen aus den USA Angelgeschichten aus.
Start nach Mass
Am nächsten Morgen ging dann dank den Vorbereitungen tags zuvor alles sehr schnell und wir brausten mit Vollgas zwischen den Mangroven hindurch dem ersten Spot entgegen. Dort angekommen bereitete ich voller Spannung die Schnur meiner 8# Fliegenrute vor und wartete vorne am Bug auf die Instruktionen des Guides, der von seiner Plattform aus versuchte, Fische im klaren Wasser auszumachen. Grundsätzlich ist die Befolgung dieser Anweisungen der Schlüssel für den Fangerfolg. Die Jungs sind erfahren, kennen das Gewässer, haben super trainierte Augen, um die Fische zu erkennen, und geben präzise Anweisungen zu Wurfrichtung und Distanz selbst noch während der wenigen Leerwürfe. Auch zur Art des Einholens geben sie laufend Tipps.
Nach ein paar Würfen in Richtung einiger Bonefish erspähten wir eine Schule von Fischen und als wir näherkamen, stellten sich diese tatsächlich als Permit heraus. Diese Fische gelten als besonders scheu, selten und extrem schwierig zu fangen. Aufgeregt, dass ich diese bereits am ersten Tag anwerfen durfte, platzierte ich die Fliege in Ihrer Nähe und tatsächlich zeigten sie Interesse und folgten ihr. Leider verscheuchte sie kurz vor dem Boot das Geräusch der Schnur auf der Wasseroberfläche beim einstrippen. Dass man die Rutenspitze besser unter der Wasseroberfläche halten sollte, habe ich danach auch nicht mehr vergessen. Kurz darauf entdeckten wir ein sogenanntes „Mudhole“, also eine Wolke von trüben Wasser, die durch Bonefish verursacht wird, wenn sie den Boden nach Fressbarem durchwühlen. Dort blieben wir eine Weile und wir konnten unsere ersten Fische im Salzwasser mit der Fliege haken und landen. Bonefish sind von der Körperform am ehesten mit einer Barbe zu vergleichen, kämpfen an der Fliegenrute aber sogar noch stärker. Fluchten, bei denen mehrere Meter Backing von der Rolle gerissen werden, sind die Regel selbst bei kleineren Exemplaren. Diese Drills sorgten also für freudestrahlende Gesichter. Auf dem Rückweg versuchten wir unser Glück noch in ein paar Kanälen (Channels), die von den Gezeitenströmungen geformt wurden, und hofften auf Tarpon. Tatsächlich nahmen zwei schöne Fische unsere Fliege und lieferten spektakuläre Drills aber auch die Erkenntnis, dass das Fliegenfischen im Salzwasser sich deutlich vom Forellenfischen in unseren Breiten unterscheidet und ein Umdenken erfordert.
Verlust kalkulieren
So verloren wir leider nach heftiger Flucht den ersten Fisch durch Schnurbruch, da die Rollenbremse zuerst zu locker und dann in der Hitze des Gefechts zu fest eingestellt war. Wohlgemerkt hatte das Vorfach eine Tragkraft von 40 lbs. Der zweite Fisch liess sich dagegen schon näher ans Boot bringen, aber nach ein paar explosiven Sprüngen, schleuderte er uns die Fliege wieder entgegen. Beim harten Maul des Tarpons kommt dies leider häufiger vor. Um den Haken bestmöglich bei einem Biss zu setzen, ist ein sogenannter „strip strike“ nötig. Hierbei hält man die Rutenspitze direkt in Richtung des Fisches und zieht mit der Schnurhand kräftig an der Fliegenschnur, eventuell geht man zusätzlich noch einen Schritt zurück und zieht die gesamte Rute zu sich heran. Dadurch wird vermieden, dass die Rute sich biegen kann und den Anhieb abfedern würde. Anfangs benötigt es aber einiges an Konzentration, um nicht – wie vom Forellenfischen gewohnt – bei einem Biss einfach reflexartig die Rute anzuheben, sondern mit Vehemenz an der Schnur zu ziehen. Und das alles, noch während von hinten der Guide hektisch auf einen einschreit! Dennoch war der erster Tag für uns ein voller Erfolg, hatten wir doch sogar eine reelle Chance, einen „Grand Slam“ zu fangen, also einen Bonefish, einen Tarpon und einen Permit am gleichen Tag zu landen. Für die meisten tropischen Fliegenfischer bleibt dieser Erfolg ein lebenslanger Traum.
Stürmische Zeiten
Strahlte die Sonne am ersten Tag noch vom blauen Himmel, zeigte sich die Karibik am zweiten Tag von ihrer stürmischen Seite und eine Kaltfront zog auf mit Windböen bis 70km/h. Zuvor wäre ich überhaupt nicht auf die Idee gekommen, an einem solchen Tag die Fliegenrute auszupacken, aber wir versuchten es trotzdem. Durch die Wetteränderung waren die Bedingungen suboptimal und wir beharkten die tiefen channels mit schweren 12# Gerät und sinking lines mit der Hoffnung auf einen grossen Räuber. Stundenlang tat sich nichts und mir taten schon langsam die Arme weh vom Werfen unter diesen Bedingungen, bis ich doch noch einen Kontakt bekam. Der Anhieb sass, der Fisch war jedoch reichlich unbeeindruckt und zog stetig ohne Stopp mit der ablaufenden Strömung davon. Nachdem 200 m Backing von der Rolle gezogen waren und die Bremse, obwohl sie nur 2 Klicks von der maximalen Bremsleistung eingestellt war, weiterhin kreischte, begann das Rätselraten was für ein Fisch dort wohl am anderen Ende ist. Nach weiteren 100 m Schnur – wir erwogen bereits den Anker zu lösen und dem Fisch hinterher zu fahren – konnten wir endlich etwas Schnur gewinnen und ein kräftezehrender Kampf begann. Nach 45 Minuten war der Fisch endlich neben dem Boot. Wir staunten nicht schlecht, als wir erkannten, wer unser Gegner war: Ein Adlerrochen! Der Fisch war in die Schnur geschwommen und die Fliege hatte sich in der Flanke verhakt. Es dauerte allerdings weitere 15 Minuten bis wir den wunderschönen Rochen dann im Boot hatten und ihn wieder befreien konnten. Solch einen Wahnsinnsdrill an der Fliegenrute hatte ich noch nie zuvor erlebt! Nach ein paar Fotos an Bord erholte sich der Fisch schnell wieder und „flog“ majestätisch durchs Wasser davon.
Konkurrenz
In den folgenden Tagen wurde das Wetter dann stetig besser und auch die Fische wurden wieder aktiver. Es war schon faszinierend, wenn man einen starken Bonefish im klaren Wasser entdeckte, schnell die Fliege im richtigen Abstand präsentieren konnte und mit einigen Strips die Aufmerksamkeit erregte. Die Fische schwammen dann neugierig – wie schwanzwedelnde Hunde – dem Köder hinterher, bevor sie ihn packten und mit der Fliege im Maul mit Vollgas davon schwammen. Dass die Fische im Drill nicht nur die Angler begeisterten, sollte einer unserer neuen amerikanischen Freunde unmittelbar erfahren. Er drillte einen schönen Snapper, als plötzlich ein grosser grauer Schatten auftauchte und sich in Richtung des Fisches bewegte. Kurz danach war die Schnur schlaff. Am Haken hing lediglich noch der Kopf des Snappers, da ein Zitronenhai mit seinen rasiermesserscharfen Zähnen den Rest des Körpers sauber abgebissen hatte.
Endlich Tarpon
Am vorletzten Tag ging es dann in den am weitesten von der Lodge entfernten Sektor zum Tarpon fischen. Dort erwarteten uns dichte Mangrovenwälder, zwischen deren Wurzeln sich die Fische versteckten. Wir mussten uns zum Teil den Weg durch den Dschungel förmlich frei kämpfen, um das Boot zwischen den überhängenden Ästen durch die schmalen Kanäle zu manövrieren. Die Strapazen zahlten sich jedoch aus, als wir in den Lagunen jeweils schöne Tarponschwärme erblickten. Schnell wurden die Fliegen serviert und wir konnten einige Fische zum Anbiss verleiten. Die folgenden Drills waren einfach atemberaubend. Sofort katapultierten sich diese Fische mehrmals zum Teil meterhoch aus dem Wasser, um die Fliegen aus EP Fiber und Hasenfell wieder los zu werden.
Blitzschnelle Barrakudas
Am letzten Angeltag zeigte sich die Inseln nochmals von Ihrer besten Seite und bescherte uns einen krönenden Abschluss. Wir entdeckten einen Schwarm Pelikane, die wieder und wieder ins Wasser stiessen auf der Jagd nach Sardinen. Wo sich diese Fischschwärme aufhalten, sind die grösseren Räuber nicht weit, also machten wir uns zügig auf den Weg dorthin. Tatsächlich hatten sich dort auch einige Barrakuda eingefunden. Anders als die allermeisten anderen Salzwasserfische, die ständig in Bewegung sind, lauern Barrakuda auf ihre Beute und verharren im Wasser. Dies macht die Köderpräsentation etwas einfacher. Allerdings wollen sie schnell präsentierte Fliegen, wie Popper, und daher war Strippen im Höchsttempo angesagt. Ausserdem haben sie Zähne schlimmer als unsere Hechte, folglich ist ein Stahlvorfach Pflicht. Die Bisse und die Sekunden davor sind dafür umso spektakulärer, wenn ein solcher Fisch beschleunigt und sich den Köder von der Oberfläche pflückt. Welche Kraft dahinter steckt, wurde mir eindrücklich demonstriert, als ein Barrakuda mir den 2/0 er Haken glatt abgebrochen hatte. Der grösste Fisch des Tages liess sich aber mit seinen 1,20 m landen und durfte dann nach ein paar Fotos wieder schwimmen. Auch weitere Fischarten, wie Stachelmakrele (Jacks), Snapper, Kofferfisch und einige Bonefish konnten wir an diesem Tag noch landen. Sogar ein paar Tarpons und ein Zitronenhai inspizierten meine Fliege, wobei sie entweder im letzten Moment abdrehten beziehungsweise ich beim Hai den Anhieb schon eine Sekunde vor dem Biss setzte und so die Fliege wieder aus dem Maul zog.
Viel zu schnell war der Urlaub dann auch schon wieder vorbei und es hiess, Ruten und Rollen für den Heimflug zusammenzupacken. Allerdings wird es sicher nicht der letzte Einsatz der Fliegenausrüstung im Salzwasser gewesen sein. Die Kombination aus Strandurlaub, Karibikfeeling und traumhaften Fliegenfischen mit Drills voller Adrenalin macht einfach süchtig.
Kuba InfoKuba ist politisch immer noch isoliert. Auch wenn sich die USA schrittweise annähern, so ist dies immer noch zu spüren. Es herrscht nicht der westliche Lebensstandard, die Menschen müssen sich mit weniger und einfacheren Dingen zufrieden geben als wir. Das heisst aber nicht, dass sie deswegen weniger freundlich wären. Im Gegenteil, die Kubaner pflegen eine ausgeprägte Kultur und sind stolz auf ihr schönes Land. Fischen ist in Kuba in speziellen Lodges möglich, welche sich darauf spezialisiert haben. Angelgeräte solltest Du also mitbringen und eine Ersatzrute und sonstiger Zubehör darf nicht fehlen. Buchen kannst Du Kuba-Angelreisen bei: http://www.pukka-destinations.com/ |