Es ist wieder Zeit, dass wir die Äschenrute mit der Laufrolle aus der Ecke holen. Der leichte Herbstnebel streicht übers Wasser, das Rauschen des Flusses ist leiser geworden und bis weit in den Winter lockt uns die im silbernen Kleid schimmernde Äsche ans Wasser.
Text: Andi Binder
Bilder: Andi Binder, Pascal Bader
Noch in den 1980er-jahren waren Naturköder für die Äschenfischerei „en vogue“. Der anschlies-
sende Interessenschwund ist wahrscheinlich mit der Vielzahl an Kunstködern wie Nymphen aus der Fliegenfischerei und der einfacheren Beschaffung derer zu erklären. Doch die altbewährten Naturköder sind auch bei den heutigen Äschen weiterhin populär – wir machen einen Blick zurück…

«Alpenfischer»-Autor Andi in seinem Element. Mit der langen Flussrute und Laufrolle auf Äschen – das passt.
Menü
Welcher Köder präsentiert präziser die natürliche Nahrungsquelle als eine frisch unter dem Stein gesuchte Köcherfliege oder ein Bachflohkrebs? Ich kann mich noch gut in meine Jugendzeit zurück erinnern, als ein Bursche in meinem Alter mit antiker Ausrüstung im Minutentakt Barben, Äschen und Alet aus dem Fluss zog. Nichts aber auch gar nichts konnte der Köcherfliegenlarve da das Wasser reichen. Bis ich und meine Fischerkollegen das Geheimnis des Köders geknackt hatten, floss viel Taschengeld in Angelzubehör, ohne unseren Erfolg wesentlich gesteigert zu haben.
Ist das Wasser bereits zu kalt, oder der Aufwand zu gross, die natürliche Nahrung der Äschen zu beschaffen, bieten sich folgende Naturköder an. Der Mistwurm lässt sich leicht im Kompost finden und fängt anfangs Saison genauso gut wie der rote Haken. Nur hat er den Vorteil, dass ein Anhieb, der den sonst verhängnisvollen Bruchteil einer Sekunde zu spät wäre, den Fisch trotzdem sicher hakt. Denn so rasch wie ein Kunstköder wird er nicht ausgespuckt. Dies gilt übrigens für alle Naturköder.

Tolle Spätherbststimmung am Äschenfluss.
Dass der Köder trotzdem nicht tief geschluckt wird, liegt in der Methode des Fischens mit der Laufrolle. Auch ein verschlafener Anhieb ist noch schnell genug. Wenn wir schon schmutzige Hände haben, können wir uns einem weiteren Naturköder nähern. Diesen Geheimköder suchen wir nun auf dem Bauernhof. Es geht um die Larve der Mistbiene, also die Rattenschwanzlarve. Alles klar? Ich denke die meisten kennen diese leicht gelbe und bis 20 mm lange Larve besser als «Güllenmade, Güllenwurm oder Güllenmügger». Früher in grossen Mengen bis im September auf vielen Bauernhöfen zu finden, wurde sie durch den Einsatz von Mixern, häufigerem Güllen und besserer Abschottung der Jauchengrube zu den Melkstationen, zu einem schwierig zu findenden Tierchen. Werden wir aber fündig, wird uns dieser Topköder, in grobe Sägespäne gepackt und im Keller aufbewahrt, bis Ende Saison zur Verfügung stehen.
Keine Lust in die Jauche zu greifen, sondern lieber ins Portemonnaie? Dann sind der Mehlwurm und die Bienenmade erste Wahl. Beide fangen gut und sind lange und sicher aufzubewahren. Mehlwürmer in Haferflocken mit etwas Papier, werden uns viele Monate als Ködervorrat dienen.

Ein toller Fang – mit Naturködern kein Problem.
Aus dem Vorratsschrank
Noch einfacher und billiger ist die Beschaffung von Brot, Mais und Hörnli. Diese vegetarischen Köder fangen an vielen Äschenstrecken erstaunlich gut. Dass Brot funktioniert, ist durch die intensive Fütterung von Schwänen und Enten nachzuvollziehen. Warum aber Mais und Hörnli so fängig sind, darüber lasst sich nur spekulieren. Klar, da wo das Anfüttern erlaubt ist, wird munter davon Gebrauch gemacht. Und die Fische gewöhnen sich rasch an dieses opulente «All-you-can-eat-Buffet». Trotzdem hatte ich mit Mais schon Erfolg an Strecken, wo das Anfüttern verboten ist. Erinnert es an ein Brotkrümel oder kleine Muscheln? Aus meiner Erfahrung können speziell die beiden Köder Mais und Hörnli den ideologischen Graben zwischen Kunst- und Naturköderfischern aufreissen. Woran liegt dies? Es gab immer wieder Gerüchte, dass speziell Mais bei den Äschen kaum verdaulich und somit schädlich sei. Wer hat noch nie eine Äsche gefangen, die einen prall gefüllten Bauch mit frischen Maiskörnern hatte? Gilt dieser Sachverhalt auch für die Hörnli?

Winteräsche aus dem Rhein
Köderführung
Generell kann gesagt werden, dass der Naturköder kleine Fehler bei der Präsentation besser kaschiert, da Aussehen, Geschmack und Konsistenz hier sicherlich vorteilhaft mitspielen. Was hingegen beachtet werden sollte, ist beim Gebrauch von Mais/Hörnli an Gewässern, an welchen rege angefüttert wird. Hier wissen die Fische exakt, in welcher Geschwindigkeit die vielen Vegi-Brocken an ihnen vorbei treiben. Da gilt es Drift-Fehler des Zapfens zu vermeiden.
Faktenbox
Gerät, MontageFür die Naturköderfischerei gelten vorwiegend die gleichen Regeln wie für die Kunstköderfischerei auf Äschen mit der Laufrolle. Es gilt trotzdem ein paar Finessen genauer zu betrachten. ![]() So sieht sie aus, die Güllenmade oder Rattenschwanzlarve. Sie ist einer der Top-Naturköder – nicht nur auf Äschen. HakenHier gilt es den zum Köder passenden Typ zu verwenden.
Pose und Vorfach![]() Solche oder ähnliche Posen eignen sich perfekt für die Fischerei auf Äschen. Das Traggewicht musst Du auf den Köder und die Wassertiefe abstimmen. Meistens liegt es bei 6 bis 10 Gramm. Posengrösse, Vorfachdurchmesser sind köderunabhängig und den Gewässertypen anzupassen. Speziell in ruhig und langsam fliessenden Äschenstrecken kann die Vorfachlänge bei Naturködern ruhig etwas länger sein, da der Anhieb nicht so direkt erfolgen muss. Das kann bei sehr heiklen und grossen Fischen ein nicht zu unterschätzender Vorteil sein. |
Besonders lehrreich
Abschliessend möchte ich auf einen weiteren Pluspunkt hinweisen. Wie es der Name schon sagt, ist die Natur hier einbezogen. Stell Dir vor, Du gehst mit einem Jungfischer oder einer Jungfischerin auf Äschen. Bevor der Fischertag mit der Rute startet, wird ein kleiner Bach für die Suche nach Köcherfliegen besucht. Es werden viele Fragen zu den hier befindlichen Insekten, Amphibien, Reptilien zu hören sein.
Auch auf dem Bauernhof bei den Güllenmaden wird es spannende Begegnungen mit Tieren geben. Wenn Du den hoffentlich entfachten Wissensdurst beim Nachwuchs mit deinen Antworten auch nur teilweise befriedigen konntest, so trägt dies wesentlich dazu bei, die komplexe und faszinierende Natur besser zu verstehen. Glaubst Du, es sei wirklich noch relevant ob anschliessend viel gefangen wird? Dieser lehrreiche Natur-Tag wird in Erinnerung bleiben – garantiert!