Zeichnung: Tanja Binder
Es war einmal ein Fluss der von ganz vielen Fischen bevölkert war. Es reihte sich Schuppenträger an Schuppenträger.
Diese grosse Familie war von A wie Aal bis Z wie Zander mit einer Artenvielfalt versehen, dass praktisch jeder Buchstabe seinen Vertreter hatte. Es gab für jeden Angler «seinen» Wunschfisch im Fluss. Allerdings waren einige Familienmitglieder beliebter als andere und gaben dank ihrer Prominenz der Gewässerregion ihren Namen.
Sterben oder Austerben
Dann zog die Industrialisierung ins Land und mit der dafür benötigten Energie auch der Bau von Wasserkraftwerken. Die Fischfamilie wurde durch die Verschmutzung und der Blockierung der Wanderwege zu den Laichgründen um zahlreiche Mitglieder beraubt und schrumpfte auf eine kümmerliche Grösse.
Fisch = Fisch
Doch – oh Wunder, die Fischfamilie erholte sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts wieder. Die Medien feierten die steigenden Zahlen, welche von den Zählstationen bei den Fischtreppen notiert wurden, als schönen Erfolg über die eingeleiteten Massnahmen. Sogar bis in die Kreise der hochangesehenen Biologen war eine Erleichterung zu spüren, dass die Anzahl und Breite der Familienmitglieder wieder ordentlich gewachsen war. Denn ob hinter dem Buchstaben A eine Aesche oder ein Alet – beim F ein Flussbarsch oder eine Forelle steht, war für sie nicht matchentscheidend. Schliesslich war es das Zeitalter der Gleichberechtigung, welches sich auch auf die Wahrnehmung bezüglich der Fischfamilie auswirkte. Eine Forelle war nicht mehr so fürstlich und der Alet nicht mehr untertänig.
Fisch und Vogel
Die Angler nahmen dies verwundert zur Kenntnis und erinnerten beim nächsten (Renaturierungs)- Vorhaben im Kreis der Behörden, Naturschutzverbände und den restlichen Interessenvertretern – gerne daran. Nämlich, dass der Eisvogel doch mit Spatzen oder Tauben und der Biber durch eine Ratte substituiert werden könnte.
Die Zuhörerschaft verdrehte die Augen – genauso wie wenn die Angler jeweils die Studien lesen durften, welche häufig so lauteten: «Die Sanierung des Grimm-Kraftwerks mit Fischpass brachte eine wesentliche Verbesserung für die Fische und die Fischerei.» Aus Sicht der Angler ein schönes Märchen – doch eines ohne Happy End. Vielmehr eine Augenwischerei…
Der QuerdenkerEr nennt die Dinge beim Wort, betrachtet uns Fischer aus der Ferne, neigt zur Provokation und pointiert. Sind wir wirklich so, haben wir uns in unserem Tun verrannt? |
