TRICKWÜRFE

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Mit Trickwürfen kannst du beim Fliegenfischen am Fluss das Unmögliche möglich machen. Der vierte Teil der Serie «Einhand-Einmaleins» zeigt dir, wie du mit dem Zauberstab Fliegenrute auch in aussichtslosen Situationen reüssieren kannst.

Der Reachmend

Der Reachmend oder Reachcast ist zweifelsohne der wichtigste Trickwurf für Fliegenfischer. Wenn du an einem etwas grösseren Fliessgewässer unterwegs bist, kommt er im Minutentakt zu Einsatz.

Alpenfischer, fliegenfischen

Der Reachmend ist der wichtigste Trickwurf.

Wenn du die Fliege bei einem normalen Wurf ablegst, beschreibt die Schnur im Idealfall eine gerade Verbindung zwischen dir und der Fliege. Wenn du schräg stromauf fischst und die Strömung nicht absolut linear ist, erweist sich dieser Idealfall schnell als nicht mehr so ideal. Denn schon kurz nach dem Wassern der Schnur, im Normalfall noch bevor der anvisierte Fisch die Fliege sehen kann, drückt die Strömung einen Bogen in die Schnur und die Fliege fängt an zu furchen. Bei der Trockenfliege kannst du das an der Oberfläche mitverfolgen, bei der Nymphe siehst du es nicht – was die Sache aber überhaupt nicht besser macht!

aus der Vogelperspektive (Grafik aus dem E-Magazin)

Die Lösung ist in vielen Fällen die Schnur entweder in Strömungsrichtung oder exakt quer dazu abzulegen. Der Pragmatiker sagt nun: «Ich kann mich doch vor dem Wurf so positionieren, dass meine Schnur bei einem normalen Wurf genau in Strömungsrichtung oder quer dazu landet.» An sehr kleinen Fliessgewässern ist das durch Waten meistens zu bewerkstelligen. An etwas grösseren Flüssen kann das jedoch schwierig werden. Und genau an solchen Gewässern ist der Reachmend Gold wert. Die Ausführung des Reachmends ist verhältnismässig einfach. Bis zum Stopp ist der Wurfablauf ganz normal. Statt nach dem Stopp die Rutenspitze direkt vor dir zur Wasseroberfläche abzusenken, lenkst du sie in diesem Moment nach links oder nach rechts – je nachdem wo du sie haben willst.

Alpenfischer, reachmend

Natürlich geht das auch backhand.

Schwieriger als die Ausführung des Reachmends ist das Lesen des Wassers. Denn die Strömungsverhältnisse entscheiden darüber, wohin die Schnur am sinnvollsten «hingereacht» wird.

Der Parachute

Der Parachute oder auch Fallschirmwurf ist der Lieblingswurf des passionierten Bergbachfischers. In Hochgebirgsbächen fischt man in der Regel mit der Trockenfliege stromauf. Viele Fische stehen in
den sogenannten Pockets, die durch grössere Steine im wilden und schnellen Wasser entstehen. Dort lauern sie auf Anflugnahrung, die sie dann relativ sorglos von der Wasseroberfläche pflücken. Oft muss die Trockenfliege aber ein paar Sekunden im ruhigen Wasser hinter dem Stein liegenbleiben oder zirkulieren ehe sie genommen wird. Das Problem ist offensichtlich: Unterhalb des strömungsberuhigten Abschnitts nimmt das Wasser wieder Fahrt auf und rauscht in den nächsten Gumpen. Legt man die Schnur gestreckt aus, zieht es die Fliege sofort aus dem Hotspot heraus und der Fisch riecht den Braten oder kommt schlicht zu spät.

(Grafik aus dem E-Magazin)

Beim Parachute wird das Vorfach nicht gestreckt, sondern in vielen Kringeln abgelegt. Diese losen Klänge erreicht man durch einen sehr steilen Wurfwinkel, der dafür sorgt, dass das Vorfach und Teile der Fliegenschnur in sich zusammenfallen. Was am Bergsee ein kapitaler Fehler ist, stellt am Bergbach oft die einzige Möglichkeit dar einen Fisch zu überlisten. Damit der Parachute beziehungsweise der steile Wurf nach oben gelingt, muss die Fliege beim letzten Rückwurf nahe an die Wasseroberfläche. Nur so gelingt der Parachute ohne Tailing Loop. Dass dies am einfachsten von einem Sidecast ausgehend funktioniert, zeigte mir vor ein paar Jahren Günter Feuerstein. Beim Sidecast wird die Fliege per se nahe an der Wasseroberfläche geführt. Nach dem Stopp beim steil angestellten Vorwärtswurf sollte man die Rutenspitze unverzüglich zur Wasseroberfläche absenken. So verstärkt sich der Parachute-Effekt und die Fliege verbleibt sehr lang im Pocket. Mit etwas Übung gelingt der Parachute auch bei Rollwürfen und Switchcasts gut.

Der Bogenwurf

Der Bogenwurf bringt die Fliege hinter den Stein.

Der Name sagt schon alles. Der Bogenwurf macht einen Bogen in die Fliegenschnur. Meistens wird er eingesetzt um ein Hindernis zu umfischen. Dies kann ein Stein oder auch ein im Wasser liegender Baumstamm sein. Je nachdem, wo sich der Bogen in der Schnur befinden soll, wendet man zwei verschiedene Techniken an. Variante 1 kommt zum Einsatz, wenn man einen Fisch ansprechen möchte, der sich direkt hinter beziehungsweise vor einem Stein befindet. In diesem Fall braucht man keinen eigentlichen Bogen, sondern eher einen Knick, um hinter den Stein zu gelangen. Dies wird erreicht, indem man Sidecast wirft und beim letzten Vorwärtswurf überpowert. Durch die überschüssige Energie landet die Schnur nicht gerade im Wasser, sondern überschlägt sich. Der Bogen oder der Knick entsteht dann automatisch. Variante zwei ist koordinativ etwas anspruchsvoller. Hierbei ist es das Ziel den Bogen weiter hinten, also näher bei der Rute in die Schnur zu legen. Dafür zeichnest du mit der Rutenspitze den Bogen nach dem Stopp in die sich in der Luft befindende Schnur. Die Bewegung geht zuerst nach aussen und dann wieder zurück. Mit etwas Übung kannst du Bögen mit verschiedenen Radien auf das Wasser bringen – je nachdem wie gross das Hindernis ist.

Der Wigglecast

wiggle wiggle

Der Wigglecast ist prädestiniert um komplexe Strömungen zu überwinden. Er bringt viel lose Schnur
aufs Wasser und deine Fliege bleibt dadurch sehr lange auf Kurs. Vor allem wenn du quer zur Strömung fischst, gibt es Situationen, die du mit einem Reachmend nicht beherrschen kannst. Wenn langsam und schnell fliessende Bereiche sehr nah beieinander liegen, hast du schnell einen Bogen in der Schnur, der sich auch mit einem späteren Mending nicht mehr korrigieren lässt. Damit dir der Wigglecast zufriedenstellend gelingt, sind einige Dinge zu beachten. Wichtig ist, dass du unmittelbar nach dem Stopp beim Vorwurf anfängst zu «wigglen». So bekommst du gleichmässige Bögen auf der ganzen Länge der ausgelegten Schnur. Ausserdem musst du die Rute sehr locker in der Hand halten. Du darfst die Wiggle-Bewegung nicht versteift ausführen. Es ist weniger ein Führen, sondern viel mehr ein Schwingenlassen. Dieser Punkt ist absolut entscheidend. Der Wigglecast braucht Smoothness – deshalb sieht er gut geworfen auch ziemlich cool aus.

Text, Bilder und Video: Oli und Nino von Burg / Grafiken: Pascal Bader

 

 

 

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