DIE FLÜSSE STERBEN!

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Kraftwerke, Dämme, Flussverbauung, Fliessgewässer, ALpenfischer, fischen, angelnIn den Frühlingsferien am Lago Maggiore sass ich vor dem lodernden Cheminée und schaute mir die Bücherwand unseres gut 100 Jahre alten Mitobjekts an. Neben ganz vielen Medizin Büchern fiel mein Blick plötzlich auf einen Buchrücken, welcher mit nicht weniger als die «Fishermen’s Bible» angeschrieben war.

Text und Bilder: Andi Binder

So viel mir die Wahl leicht und ich tauchte ein ins Editorial dieses im Jahre 1970 in den USA geschriebenen Buches. Und als «Schreiberling» ist mir bewusst, dass diese erste Seite dem Autor sehr wichtig ist – leider in der heutigen Zeit aber meistens nicht mehr als paar Zeilen hergibt, da die Meinung vorherrscht, dass die Leser dieses häufig philosophische Geschwurbel sowieso nicht lesen. Ganz anders präsentierte es sich im Buch von Bob McNally, denn das Editorial vereinnahmte auch den hinteren Umschlag und war somit über 4 Seiten lang. Was gab es denn in den 70’er Jahren haufenweise spannendes zu sagen? Der Autor enervierte sich über die Damm-Bauwut in den USA.

Bauwut des Staates in den USA

Das tönte dann so: «Die Ingenieure (United States Army Corps of Engineers) zerstören schnell und systematisch die frei fliessenden Flüsse deines gelobten Landes. Sie haben die Unterstützung vom „Büro für Landgewinnung“ und von Profit getriebenen Beamten im Kongress. Ja, sie sind auf der Suche nach jedem verdammten Wassertröpfchen, welches irgendwo hinabfliesst. Das arrogante, unerschütterliche, unverantwortliche Ingenieurkorps bewegt sich unerbittlich weiter und baut Zementbarrieren, die zum grössten Teil aus Flüssen und Strömen nicht benötigte Seen machen. Das unter dem Deckmantel von Hochwasserschutz, Bewässerung, Stromerzeugung, Erholung und etwas das unerklärlicherweise Wasserspeicher genannt wird.
Bereits wurden in den westlichen Staaten über 200 Staudämme gebaut, und in einer kleinen Ecke von Südwest-Montana – fast 100 mögliche Staudämme von den Ingenieuren untersucht. Dadurch wird viel Land und dringend benötigter Lebensraum für tausende Elche, Bären, Wölfe, Kleinwild und sogar die Laichgründe anadromer Lachse zerstört.

Wirtschaftliche Interessen dominieren

Der Bau der Dämme ist hauptsächlich durch den Wunsch motiviert, die staatliche Wirtschaft durch Bundesausgaben zu stärken. Und die meisten Ökonomen sagten, der Damm hätte seinen Zweck erfüllt, wenn er am Tag der Fertigstellung in die Luft gesprengt würde.

Glücklicherweise widersetzten sich die nationalen Umweltschützer, die gewöhnlichen Steuerzahler und andere interessierte Bürger dem Projekt Yukon and Colorado River, das von den Ingenieuren nun zumindest vorübergehend aufgegeben wurde. So wie viele andere Damm-Projekte, die sie vorgeschlagen haben. Der Sportfischer Widerstand gegen das Aufstauen hat viele Flüsse gerettet. Kein vernünftiger Sportfischer oder Naturschützer widersetzt sich dem Bau von Staudämmen, wenn öffentliche Wild- und Erholungsgewässer zerstört werden, weil ein Damm lebenswichtig ist. Aber viel so genannter «Fortschritt» (eher Profitgier!), der die Zerstörung wertvoller Flüsse durch Staudammbau einschloss, hat sich als völlig überflüssig erwiesen. In vielen Fällen werden Dämme gebaut, weil Landbesitzer oder Bauunternehmen Geld damit verdienten wollten in der Hoffnung, dass Arbeiter in das Gebiet strömen um die lokale Wirtschaft zu stärken. Aber unsere Flüsse sind im Sterben und die Öffentlichkeit wird verdammt sein!»

So blieb sein geliebter Fluss der Big Hole River immer gefährdet, dass Projekte wie der einst angedachte Reichle-Damm mit der Begründung für Bewässerung oder Hochwasserkontrolle gebaut würden. Er war sich sogar sicher, dass es soweit kommen würde und einer von Amerikas schönsten Forellenbächen den Bach runter gehen wird.

Flussabschnitt am Big Hole River (Montana USA) in den 70’er Jahren, Bild aus Fishermen’s Bible von Tom McNally’s

Rivers be dammed! People be damned!

Deshalb richtete er folgenden Appell an die Leser: «Die natürlichen Schönheiten dieses Landes gehören allen Amerikanern. Sie können helfen, den Big Hole Fluss zu retten, helfen Sie, alle Flüsse zu retten, die bestimmte Vertreter unnötig zerstören würden, indem Sie Ihre Opposition in den Briefen zu den Landgesetzgebern, den Kongressabgeordneten und dem Präsidenten selbst äussern. Wenn Sie – und ich – nicht handeln, wird das Korps der Ingenieure weitermachen.»

«Ein aufgestauter Fluss ist ein für immer verlorener Fluss»

Leider starb Bob McNally* am 29. Juli 2002 und seine Asche wurde in seinen Lieblingsfluss den Big Hole River in der Nähe der Stadt Twin Bridges gestreut. Und ja, der Fluss ist heute noch ein Fliegenfischer-Paradies!

Anglerinnen und Angler bleibt hartnäckig!

Nehmen wir Anglerinnen und Angler das als Motivation mit, um uns in Vereinen, Verbänden und NGO zu organisieren. Sich nicht scheuen den Verflechtungen zw. Politik und Wirtschaft und dem langen Arm der Lobbyisten genau auf die Finger zu schauen. Denn das Netzwerk (böse Zungen nennen es Filz), welches beim Bau, Betrieb dieser Halbstaatlich öffentlichen Strom-Dienstleistungen zum Zuge kommt, wird auch bei uns in der DACH-Region den Anglern nur unter Druck Zugeständnisse machen. Denn wir sind leider politisch und wirtschaftlich eine (zu) kleine Nummer.

Der Bau neuer Stauwehre ist selbstverständlich in der Alpenregion klar zu verhindern – aber häufiger erwartet uns in naher Zukunft an vielen Orten eine Konzessionsverlängerung oder Ausbaggerung der besehenden Werke und Stauseen.

Deshalb gilt es auch in der heutigen Zeit zusammen zu halten, sonst heisst es für uns Angler an den Fliessgewässern bald nur noch: GottverDAMMmich…

*Im Laufe der Jahre schrieb er 29 Bücher und tausende von Magazin- und Zeitungsartikel. Er hat auch Radio, Fernsehen und einige Videos gemacht. Jahrelang war er Aussendienstmitarbeiter des Magazins Field & Stream, half mit das Fly Fisherman-Magazin auf die Beine zu stellen und war 20 Jahre Kolumnist des Magazins Fishing World. Er ist in der Hall of Fame der Süsswasserfischerei (Forellen waren seine Hauptfische und er fischte alle grossen Forellenflüsse weltweit, von Chile bis Norwegen und überall dazwischen).

 

 

 

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