DIE ANGST VOR DEM ANBISS

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Angelkollege Marcel mit makellosem Norwegen Lachs..

Wer möchte nicht an einem Gewässer die Angel auswerfen, welches einen guten und natürlichen Fischbestand aufzuweisen hat? Und falls sogar kapitale Fische sich darin tummeln, dann hüpft doch das Anglerherz vor Freude!

Von Andi Binder

Um dies zu unterstützen, sind die Angler bereit, die gesetzlichen Fangquoten zu akzeptieren. Auch wenn diese «bag limit» vielerorts nicht mehr den aktuellen Fischbeständen gerecht wird, so würde eine Anpassung höchstwahrscheinlich weniger Lärm verursachen als in früheren Jahren.  Denn die Vernunft der Anglerinnen und Angler scheint sich diametral zu den Fischbeständen zu verhalten – was offensichtlich dem Zeitgeist im Sog von Nachhaltigkeit und Fairness geschuldet ist.

Soweit so gut. Nur dürften solche Regeländerungen wie neue Fangquoten, Schonmasse, Schonzeiten, Fangfenster etc. nicht von den Behörden im Alleingang verordnet werden. Zu welchen Auswüchsen es durch von Schreibtischtätern erlassenden Vorschriften kommen kann, zeigt folgende Auswahl von für mich zwiespältigen Erlebnissen.

Hinweis von Andi

Diese Fälle haben sich in der Praxis so zugetragen. Nachfolgend findest du jeweils einen Kommentar, der meine persönliche Meinung dazu widerspiegelt.

Der Alltag wäre weit weg…

In schönster Natur in Norwegen am Lachsfluss stehend, sind die Alltagssorgen weit weg. Die Konzentration ist weder auf den Bildschirm noch aufs Verkehrschaos gerichtet. Nein, die Sinne folgen dem Wasserlauf und ihrer Fauna. Ohne Guide und nur seinem Spürsinn vertrauend, wird jeder Auswurf von einer leichten Nervosität begleitet, in der Hoffnung, dass bald eine der kapitalen Salmoniden anbeisst. Folgt nach langen Stunden des Wartens der brachiale Anbiss dann doch noch, steigt die Freunde ins Unermessliche.  Doch Millisekunden später erfährt es einem wie vom Blitz getroffen. Ist es womöglich ein Weibchen? Hat es den Haken sehr tief geschluckt? Erkenne ich die Geschlechter womöglich gar nicht? Werde ich gerade beobachtet? Kann mir jemand bei der Bestimmung behilflich sein? Soll ich forcieren, um den Drill möglichst schnell zu beenden und den Fisch dadurch zu schonen? Oder ist der Fisch gar kleiner als 65 cm? Dann würde das Geschlecht des Kleinlachses keine Rolle spielen.

Alpenfischer, Lachsfischen, Baglimit, Fangfenster, Selektive Entnahme, Fischereigesetz, Catch & Release, fischen, angelnIn dieser Sekunde ist die Leine schlaff und der silberne Kämpfer ist entkommen. Ich bin wegen diesen Fragen so konsterniert, dass ich gar nicht weiss, ob ich mich nun ärgern oder freuen soll.

Auf jeden Fall hat mir diese praxisfremde Regel (1 männlicher Lachs > 65 cm, 2 Fische < 65 cm, dies alles pro Saison!) den Spass an diesem Nordnorwegischen Lachsfluss vor paar Jahren gründlich verdorben. Sie ist einfach nicht praktikabel, denn selbst Einheimische Angler, welche pro Saison Dutzende von Lachsen zu Gesicht bekommen, sind bei einem frisch aufgestiegenen Fisch mittlerer Grösse nicht augenblicklich in der Lage, das Geschlecht 100% zu bestimmen. Und durch die kurze Angelaison im Norden hatten wir die Buchung der Ferienwohnung natürlich schon im Vorjahr gemacht, da es kurzfristig sonst hoffnungslos wird. Die neuen Regeln für die aktuelle Saison kommen jeweils aber erst anfangs Jahr raus…

Kommentar:
Bitte keine kurzfristigen Regeländerungen! Auch solch eine untaugliche Entnahmelogik weglassen und in ein reines C&R Gewässer überführen, sollte der Bestand so gering sein. Oder besser die Angelfischerei bei extrem spärlichen Aufstiegen für eine Weile ganz verbieten.
Eine Entnahme nach Geschlecht ist für den Durchschnittsangler kein probates Mittel. Zu unsicher ist die Beurteilung innert den sinnvollen paar Sekunden bis zum waidgerechten Release.

Irland für Alleingänger

Eine ähnliche Begebenheit spielte sich vor paar Jahren im Frühling in Irland ab.

Das «bag limit» war da 1 Lachs pro Tag, im Total 3 Lachse für die Periode vom 01. Januar bis 11. Mai. Dies ist auf den 1. Blick restriktiv, aber für die Bestandssicherung dieser wertvollen grossen Springlachse sicherlich sinnvoll.  Wo die Tücken liegen, wurde meinem Freund Christoph und mir allerdings rasch klar. Wir genossen den zeitigen Frühlingsmorgen zwischen hüpfenden Hasen und einem rasch das Weite suchenden Fischotter am leise gurgelnden Fluss. Und mein Kollege hatte das Glück gepachtet und fing bereits nach kurzer Zeit einen ca. 11 Pfund schweren «Springer». Die Freude seinerseits war riesig und nach einer Gratulation meinerseits angelte ich weiter um hoffentlich selber solche Hochgefühle erleben zu dürfen.  Aber mein Kollege? Der konnte ab jetzt nur noch zuschauen oder C&R ausüben.

Alpenfischer, Lachsfischen, Baglimit, Fangfenster, Selektive Entnahme, Fischereigesetz, Catch & Release, fischen, angelnAber er sagte mir, dass er lieber normal weiter Fischen möchte, denn zu C&R gezwungen zu werden. Denn er hält nichts davon, einen Lachs ausdrillen zu müssen um ihn völlig entkräftet dem Fluss zu übergeben. Denn ein schlechtes Gewissen schwinge bei ihm mit, da er nicht wisse, was mit dem Fisch in den nächsten Tagen wirklich geschehe.  Er würde sich vielmehr ein «bag limit» von 2 oder 3 Fischen pro Woche wünschen. Damit könnte er nun beruhigt weiterfischen, mir Gesellschaft leisten und dafür lieber später mit mir zusammen eine Angelpause machen. Denn Irland hat ja neben der Lachsangelei wirklich genügend weitere Attraktionen zu bieten!

Kommentar
1 Fisch pro Tag ist keine sinnvolle Regel. Angeln ist glücklicherweise oftmals ein Hobby unter Freunden, speziell an fremden Gewässern (Tourismus!). Wer will schon um 07:15 Uhr wieder alleine am Bach stehen? Fangquoten besser über Wochen, Monats- oder Saisonquoten regeln. Ist technisch z.B. mit Kabelbinder-Tags sehr einfach umsetzbar.

Konkret für die Alpenregion?

Was lässt sich nun aus obigen Beispielen auf unsere «Alpenregion» ableiten? Hier ist weniger das tägliche Fanglimit Anlass zur Kritik, denn das ist mehrheitlich noch (zu) grosszügig bemessen.  Grössere Dringlichkeit besteht meines Erachtens für Saison Kontingente. Denn am Ende zählen die entnommenen Fische pro Saison, nicht die des einzelnen Anglers pro Tag. Dies würde auch eine entspanntere Situation im Umgang mit Fangmeldungen bringen. Denn der glückliche Angler, welcher mehrfach mit schönen Fischen publik wurde, hat weniger Gegenwind zu befürchten, wenn die Beobachter sich sicher sein können, dass er bald ausgefischt hat. Diese Worte werden den C&R Befürwortern suspekt erscheinen, sind aber in der Angelszene durchaus präsent.

Alpenfischer, Lachsfischen, Baglimit, Fangfenster, Selektive Entnahme, Fischereigesetz, Catch & Release, fischen, angelnEs geht also vielmehr darum, bei zukünftigen gesetzlichen Anpassungen obige Lachs-Beispiele im Hinterkopf zu behalten um eine ausreichende Praxistauglichkeit zu gewährleisten. Wenn ich da ans häufig diskutierte «Fangfenster» denke, wird mir jetzt schon angst und bange, wie das an einem nicht «fly-only» Gewässer in der Praxis von der Mehrheit der Angler sinnvoll umgesetzt werden sollte.

Kommentar
Mögliches Beispiel: Fliessgewässer mit mittelmässigem Forellenbestand eine «bag limit» mit 2 Fischen pro Tag und 10 in der Saison.

 

Es gibt sicherlich noch eine Fülle weiterer Regeln, durch welche mit leichten Anpassungen kein einziger Fisch zusätzlich dem Gewässer entzogen würde, aber für den Tourismus und das Rundumerlebnis der Angelfischerei einen grossen Nutzen bringen würden.

Die Sehnsucht nach dem Echten, Naturbelassenem, draussen in der Natur sein, das ganze Biotop mit allen Sinnen zu geniessen, schliesst für mich nicht aus, einen Fisch zu töten und am Lagerfeuer mit Freunden zu grillen. Wie sich dies in der immer schneller drehenden Angelwelt  und den unterschiedlichen Ansichten der einzelnen Angelgruppen vereinbaren lässt, wird für den «Der Alpenfischer» weiterhin ein präsentes Thema bleiben. Ein Anfang ist sicherlich mit der Erkenntnis gemacht, dass alle Anglerinnen und Angler eines gemeinsam haben. Sie müssen Sorge tragen um unser Hobby gegen extreme Naturschützer- und Rechtsorganisationen erfolgreich verteidigen zu können.

Kommentar
Steht zu den Fischen, welche ihr entnommen habt. Denn die Legitimation für die Angelfischerei sieht die breite Bevölkerung nicht im C&R! Sondern ist für sie eine Nahrungsbeschaffung nach ethischer und damit respektierter Praxis.

 

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C&R!?

 

 

 

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