Etsch, Passer und Eisack sind die bekanntesten Südtiroler Fliessgewässer in der Region Bozen und Meran. Dass es sich lohnt auch die weniger ausgetrampelten Pfade zu begehen, erfährst Du auf den folgenden Seiten.
Text und Bilder: Nino von Burg
Wir hören nichts von den Autos die 50 Meter oberhalb von uns durch die enge Schlucht fahren. Auch die 32 Grad im Schatten lassen uns heute kalt. Unsere ganze Aufmerksamkeit gilt dem Gebirgsbach und einer grossen Forelle, die im Strömungsschatten eines riesigen Felsbrockens einen Mittagsschlaf zu halten scheint. Wir probieren verschiedene Trockenfliegen- und Nymphenmuster aus – ohne Erfolg. Der Sinn scheint ihr nicht nach Fressen zu sein. Da wir den Fisch nicht aufschrecken wollen, verlassen wir das kühle Nass und gehen am Ufer weiter stromauf. Unser nächstes Ziel haben wir bereits entdeckt. Es hat sich mit einem unmissverständlichen Ring an der Wasseroberfläche verraten. Schon beim ersten Wurf holt die Forelle die buschige Trockenfliege stürmisch von der Wasseroberfläche und versucht sie mit ein paar akrobatischen Sprüngen wieder loszuwerden. Der Haken sitzt aber gut und so bewundern wir schon bald die im Sonnenlicht glänzende Bachforelle.
Neben Bach- und Marmorataforellen kommen viele Hybriden vor.
Klettern, fischen, fangen
Hin und wieder ist es nicht ganz einfach in der Schlucht des Eggentalerbachs vorwärts zu kommen. Glücklicherweise erwarten uns nach jeder Kletterpartie ein paar hungrige Fische. Das lässt uns auch vergessen, dass wir keine Ahnung haben, wo wir die Schlucht wieder verlassen können. Also fischen wir einfach weiter. Werfen, fangen, klettern, wieder werfen. Die Fischerei ist so gut, dass wir das aufziehende Sommergewitter erst bemerken, als die ersten Regentropfen auf die Wasseroberfläche prasseln. Auch wenn in diesem Hitzesommer jede Abkühlung willkommen ist, hat der Wolkenbruch doch etwas Bedrohliches. Die Umkehr über die nun nassen und rutschigen Ufersteine erscheint uns als schlechte Option. Wir gehen ausserdem davon aus, dass wir ziemlich nahe beim Staudamm sein müssen, immerhin sind wir seit gut vier Stunden unterwegs. Dort, am Anfang des oberen Reviers, wo wir am Tag zuvor mit dem Fischen begonnen hatten, sollte ein Ausstieg möglich sein.
Im schnellen Wasser der Fallschauer sind kurze und präzise Würfe gefragt.
Das obere Revier des Eggentalerbachs ist bis auf wenige, meist kurze Fliesstrecken mit Geschiebesperren verbaut. In diesem Abschnitt sind, anders als in der Schlucht, neben der Fliege auch Köderfische und Spinnköder erlaubt. Auch hier beherbergt der Eggentalerbach unglaublich viele Fische. Die meisten davon sind Bachforellen und Hybriden von Bach- und Marmorataforellen. Dies ist insofern etwas bedauerlich, da in den Südtiroler Gewässern natürlicherweise eigentlich nur die Marmorata heimisch wäre. Um den Sinn beziehungsweise den Unsinn von Fischbesatz mit fremden Arten soll es hier aber nicht gehen.
Wenn die Trockenfliege verschmäht wird, funktioniert die Nymphe.
Anders als erwartet
Eine weitere Südtiroler Perle fliesst durch das Ultental. Die Falschauer kann, in drei Abschnitte unterteilt, auf einer Länge von mehr als 20 Kilometern befischt werden. Zwischen den Revieren gibt es zwei grosse Stauseen für die ebenfalls Patente erhältlich sind. Die meisten Fischer, welche die Falschauer besuchen, sind zuerst einmal erstaunt. Irgendwie sieht der Bach nicht so aus, wie auf den Bildern, die man im Internet findet. Dort erscheint der Bach als das ultimative Gewässer für Fliegenfischer. Auf einem kurzen Abschnitt oberhalb des ersten Stausees ist er das auch. Hier ist das Gewässer rund 20 Meter breit, weist nur wenig Gefälle auf und begeistert mit der Abwechslung von langen, tiefen Zügen und kurzen, schnelleren Rieselstrecken in offenem Gelände.
Abgesehen von dieser «Postkarten-Strecke» ist die Falschauer rein äusserlich ein ziemlich gewöhnlicher Bergbach. Schnelles Wasser und dichter Uferbewuchs zeichnen den obersten Abschnitt aus. Dementsprechend anspruchsvoll ist die Fischerei mit der Fliege. Für raumgreifende Überkopf- und Rollwürfe gibt es keinen Platz. Selbst Trickwürfe landen nicht selten in den überhängenden Ästen des «grünen Tunnels». Wenn es die Fliege dann doch einmal aufs Wasser schafft, wird man regelmässig mit einem Fisch belohnt. Der Bestand ist ausgezeichnet. Wer ein bisschen Risikofreude mitbringt und den einen oder anderen Fliegenverlust in Kauf nimmt, kann im Minutentakt reüssieren.
Solche Bilderbuch-Forellen schwimmen in der Schlucht des Eggentalerbachs.
Die beiden unteren Abschnitte der Falschauer sind geprägt durch die Stauseen. Ihr Abfluss ist reguliert und weist etwas Schwall und Sunk auf. Der Bach ist nicht so dicht bewachsen wie im obersten Abschnitt und über die Uferwege sehr gut erreichbar. Zudem kann hier auch mit Blinkern und Spinnern gefischt werden. Die tiefen Gumpen beherbergen meistens mehrere Fische. Im Gegensatz zum Eggentalerbach und der oberen Falschauer hausen hier auch Regenbogenforellen.
Die Falschauer ist mindestens so schön und fischreich wie Etsch und Passer.
Viele Möglichkeiten
Als Fischer fühlt man sich im Südtirol willkommen. Der Fischereitourismus ist wichtig für die Region und das merkt man in allen Belangen. Es gibt unzählige Hotels, die spezielle Arrangements für Fischer anbieten und Karten ausgeben. Die von den örtlichen Fischereivereinen intensiv betreuten Gewässer sind aber für jedermann zugänglich und die Patentausgabe verläuft sehr unbürokratisch.
Wer nur an den Paradestrecken von Etsch und Passer fischt, wird sich möglicherweise am recht hohen Befischungsdruck stören. Zum Glück gibt es aber unzählige Ausweichmöglichkeiten. An der Falschauer und am Eggentalerbach haben wir während sieben Tagen nur zwei andere Fischer getroffen.
Klettern ist angesagt am schönen Eggentalerbach. Das wird aber mit vielen Fischen belohnt.
Faktenbox
Wer im Südtirol fischen möchte, braucht neben der Karte für das Gewässer noch die staatliche Fischereilizenz Typ B (für italienische Staatsbürger) oder eine provisorische staatliche Fischereilizenz Typ D (für Ausländer). Die staatliche Fischereilizenz Typ D erhält man bei den meisten Ausgabestellen zum Preis von 35 Euro (10 Jahre gültig).
Eggentalerbach:
Gewässerinfo: Patent-Ausgabestellen: Empfohlene Ausrüstung Fliegenfischen:
Falschauer:
Gewässerinfo, Patent-Ausgabestellen: Empfohlene Ausrüstung Fliegenfischen:
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